Tiergestütztes Sozialtraining

Anfang Oktober 2021 hatte ich Gelegenheit, den Abenteuerspielplatz und Kinderbauernhof Waslala in Berlin Treptow zu besuchen, um das dort angebotene Tiergestützte Sozialtraining kennenzulernen. Einmal in der Woche trifft sich hier eine Gruppe von 8-10 Kindern, um mit einer Pädagogin und zwei Honorarkräften das Selbstbewusstsein und die Wahrnehmung zu stärken sowie die Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen. Das Training umfasst insgesamt 36 Trainingseinheiten innerhalb eines Jahres.

Von Alexandra Pfitzmann

Die Kinder werden immer gefragt, was sie sich wünschen. Foto: © Alexandra Pfitzmann

Allein schon die Begrüßung der Kinder war beeindruckend – die Kinder nahmen Platz auf den kleinen Holzpferden, die auf dem vorderen Gelände des Kinderbauernhofs stehen. Schon allein diese ungewöhnlichere Sitzposition kann helfen, sich von vielleicht belastenden Erlebnissen der Woche zu lösen. Die Kinder lockern auf und erhalten zunächst die simpel anmutende Frage: „Wie geht es Dir?“, was für manches Kind manchmal gar nicht einfach zu beantworten ist. Es nehmen am Tiergestützten Sozialtraining Kinder teil, die Zuhause oder in der Schule auffällig sind in ihrem Verhalten – die einen etwas aggressiver, die anderen schüchtern und in sich gekehrt. Einige Kinder haben somit oftmals eine frustrierende Woche hinter sich, erleiden dadurch Konzentrationsstörungen, verlieren durch „aufmüpfiges“ Verhalten Freundschaften, erhalten schlechte Schulnoten, haben Anspannungen Zuhause usw. Der motivierende Motor des Ganzen ist an dem Tag die sympathische Sozialpädagogin Christiane Ipsen, „Janne“ genannt, und natürlich der Ausblick auf den Kontakt mit den so beliebten Ponys des Hofs. Janne nimmt sich Zeit für jedes Kind und verliert auch nicht die Nerven, wenn eines der Kinder mit purer Bockigkeit reagiert und sie auch schon mal anschreit. Schließlich geht es darum, Frustrationen zu entdecken und abzubauen.

Wenn etwas unklar ist und zu Unsicherheit führt, dann wird die Aufgabe noch einmal erklärt. Fotos: © Alexandra Pfitzmann

Teambildung fördert Kompromissbereitschaft und stärkt die zwischenmenschliche Bindung.

Janne verteilt dann kleine handbemalte Zettel an jedes Kind. Hierauf ist die Aufgabenstellung des Tages vermerkt, zusammen mit einem kleinen Bild zur Veranschaulichung und, ganz spannend, mit wem man am heutigen Tag ein Team bildet. Es geht beim Training nämlich auch um die Auseinandersetzung mit anderen, dass man lernen muss, Kompromisse zu schließen, um sich letztlich auf ein Ziel zu einigen und dieses anzugehen. Um die Kinder auf den Kontakt mit den Pferden einzustimmen, werden sie angeregt, in die Rolle des Pferdes zu schlüpfen. Sie legen sich dafür einen Führstrick um, und Janne erklärt ruhig, wie das andere Kind des Teams das „Pferd“ mit klarer Körpersprache führen kann. Hierbei geht es darum zu vermitteln, Ruhe zu bewahren, keine hektischen Bewegungen zu machen, damit dann später, beim echten Pferd, dieses auch vermieden wird. Die Kinder machen mit und mögen das Spiel, während sich die ganze Truppe Richtung Weide und zu den Pferden bewegt.

Auf einer eingezäunten Wiese liegt dann auch schon Arbeitsgerät bereit. An diesem Tag lagen recht viele Stangen herum (die, die man von Spring- Turnieren als Hindernis kennt). Janne und die Honorarkräfte Paula und Katy gehen mit den Kinder-Teams jeweils zu einem Feld in dem sechs Stangen liegen, die nun von den Kindern als Hindernis für die Pferde in Position gebracht werden sollen. Hier wird auch verdeutlicht, dass viele Dinge im Leben nur funktionieren, wenn man zusammen und miteinander arbeitet und sich gegenseitig hilft. Schließlich kann ein Kind alleine keine Stange lange durch die Gegend tragen. Eine einfache, aber sinnvolle Form der Veranschaulichung. Kaum sind alle Bodenhindernisse in Position, geht es auch schon zu den Pferden auf die Koppel.

Die Aktivitäten in der Gruppe fordern das Kind heraus, eigene Bedürfnisse und Gefühle wahrzunehmen, zu äußern und die der anderen zu achten. Wünsche und Ideen des Kindes werden gehört und fließen in die Gestaltung des Tiergestützten Sozialtrainings ein. Fotos: © Alexandra Pfitzmann

Ein Schub fürs Selbstbewusstsein.

Die Kinder führen die Pferde mit angemessener Unterstützung auf die vorbereitete Wiese. Jedes Team hat ein Pferd, und nun gilt es, dieses am Führstrick zunächst um die Wiese zu führen. Was hierbei passiert, ist pädagogisch spannend. Denn die Kinder erhalten „nur“ durch dieses Tun einen Schub für ihr Selbstbewusstsein. Schließlich führen sie (fast) alleine ein so großes und starkes Tier, das ihnen brav folgt. Sie spüren im Unterbewusstsein die Verantwortung, die sie dabei tragen. Dies wiederum fördert Respekt, Vertrauen und die Wertschätzung für Lebewesen. Dann wird das Ganze gesteigert, und die Kinder sollen das Pferd motivieren, über die auf der Wiese liegenden Stangen zu laufen. Für die Kinder ist das eine tolle Erfahrung, weil sie bei dieser Übung lernen, dass das Pferd ihnen folgt und vertraut. Oftmals geht es für die Kinder vor allem um das geschenkte Vertrauen, was ihnen beim Schulalltag oder auch durchaus Zuhause manchmal fehlt. Die Kinder erfahren eine Form des Stolzes, fühlen sich gut und tragen dieses Gefühl mit hinein in ihr ganzes Tun. Somit werden die Stärken und Potenziale der Kinder in den Mittelpunkt gestellt, und die Kinder erhalten die Möglichkeit, diese zu entdecken. Parallel dazu wird Fachwissen zum Umgang, zur Haltung und Pflege der Tiere vermittelt. Und mit dessen praktischer Umsetzung wird das Kind in seiner Handlungskompetenz und im Vertrauen in die eignen Fähigkeiten gestärkt.

Beim Tiergestützten Sozialtraining auf dem Abenteuerspielplatz und Kinderbauernhof Waslala werden Kinder ganzheitlich und inklusiv in folgenden Bereichen gefördert:

  • Motorik, z.B. der Grob- und Feinmotorik, Koordination, Körperspannung, Gleichgewicht.
  • Emotional-soziale Entwicklung, z.B. durch Stärkung der Wahrnehmung und Kommunikation eigener Gefühle und Bedürfnisse, Auf- und Ausbau authentischer Beziehungen, Akzeptanz und Einhalten gemeinsamer Regeln.
  • Kognitive Fähigkeiten z.B. der Wahrnehmung, Steigerung der Konzentration.
  • Sprachliche Entwicklung z.B. durch motivierende Sprechanlässe, Schulung der nonverbalen Kommunikation.

Der Abenteuerspielplatz und Kinderbauernhof Waslala ist der ideale Platz für Regeneration.

Der Hof ist eine Oase inmitten eines Hochhaus-Wohnviertels in Berlin Treptow und bietet mit seinen vielen verschiedenen Tieren beste Möglichkeiten für eine unbeschwerte und kindgerechte Freizeit. Mittels des Tiergestützten Sozialtrainings wird denjenigen Kindern geholfen, die ein bisschen mehr Unterstützung benötigen. Beschwingt und beeindruckt von so hohem pädagogischen Verständnis gehe ich aus diesem Tag und nehme erneut eine Sache deutlich wahr: Tiere haben eine beinahe magische Wirkung auf Kinder und hinterlassen tiefe Spuren der Emotionalität.

Sie möchten Ihr Kind anmelden? Rufen Sie beim Abenteuerspielplatz und Kinderbauernhof Waslala an unter Tel. 030 679 093 56, und vereinbaren Sie einen Kennenlern-Termin. Besprechen Sie mit Ihrer zuständigen Fachkraft im Jugendamt Treptow-Köpenick den Bedarf und die Ziele des Sozialtrainings für Ihr Kind. Bitten Sie um eine Kostenübernahme durch das Bezirksamt. Vereinbaren einen Termin, um Ziele für Ihr Kind und offene Fragen zu besprechen, und es geht los!